Geschichte
Carl Friedrich Streng
wurde im Jahre 1856 als Sohn des „königlich bayerischen Pfarrers” Johann Georg Streng geboren. Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann gründete er 1889 die Tanzschule Streng. Der Unterricht fand zunächst in der Privatwohnung statt. Später wurde dann in der Theaterstraße, nur wenige Häuser vom Weißengarten entfernt, ein Saal angemietet. Er war nur so groß wie die Tanzfl äche in der jetzigen Weißengarten-Bar, also 5 x 6 m.
„Anno 1725 kauffte der Kunstgärtner Andreas Weis einige Morgen Veldt am Dambacher Weg (heute: Theaterstraße) vom benachbarten Gutshof der Frau van Lierd (vergl. Fraveliershof) welche er, Weis zu einem Gartten angelegt und vorne ein Haus und einen Brunnen* erbaut”
Zuerst entstanden Pavillons zum Bierausschank, eine große Kegelbahn, ein Café und ein Restaurationsgebäude (s. unten hohes Haus). Mitten durch den Garten lief die heutige Rosenstraße, die damals Weißengartengäßlein hieß.
Das Bild zeigt den Biergarten hinter dem hohen Restaurationsgebäude an der Ecke Rosen- & Theaterstraße von Osten.
Das turmartige Haus ragte in die Theaterstraße hinein und verengte sie zu einem Nadelöhr.
Folgendes Bild zeigt die Theaterstraße (Nadelöhr) etwa um 1925 in Blickrichtung Norden. Hinter dem hohen Restaurationsbau verläuft die Rosenstraße. Das niedrige "Hexenhäuschen" (Bildmitte unten) war das Toilettenhaus, das nur über den Hof zugänglich war. Links ein Werbeschild des Cafés Rauenbusch (Volksmund "Ratznbusch").
1871 wurde der neue Ballsaal im Weißengarten fertiggestellt
Im Hintergrund die Bühne, die damals niedriger war, weil die Galerie noch ringsum lief. Das Tanzorchester, mit Geige, Kontrabaß, Tuba, Trompete, etc. saß wie im Zirkus über der Bühne, also auf der Galerie mit "Sprechtrichter", es gab ja noch kein Mikrofon! 1920 wurde die Bühne zum Theaterspielen umgebaut.
Neben zwei kleineren Lüstern gab es einen Kronleuchter, der 5 Zentner wog. Er hatte einen Durchmesser von 2,2 m und wurde mit Gas betrieben und erst kurz vor dem 2. Weltkrieg auf Elektrizität umgerüstet.
Im Laufe der Zeit wurden vom Garten Teile für Bauland (1. Fürther Theater und zuletzt 1881 für die Rosenschule) verkauft, so dass nur noch der ca. 120 qm große Biergarten, den es heute noch gibt, hinter derTanzschule übrig blieb.
Beim Weißengarten handelt es sich in kultureller Hinsicht um einen sehr geschichtsträchtigen Boden. So wurde später auf dem Biergarten ein Holzbau, das „Fürther Sommertheater“, errichtet. Heute: Schulhof der Rosenschule.
Ansicht von der Rosenstraße. Fortan hieß es natürlich nicht mehr Dambacher Landstraße, sondern Theaterstraße.
1816 wurde auf Weißengartengrund gegenüber des hohen Restaurationsbaus an der Ecke Rosen- & Theaterstraße (damals Ecke Weißengartengäßlein & Dambacher Landstraße) das erste Fürther Theater erbaut.
Wer es sich leisten konnte, kam nicht zu Fuß zur Theatervorstellung oder zum Ball im Weißengarten, sondern fuhr standesgemäß mit der Pferdedroschke vor. Leider hat man vor dem Fotografieren vergessen, die natürlichen Hinterlassenschaften (Flecken auf der Rosenstraße) der damaligen Taxis zu entfernen ...
Johannes Streng (1879-1953)
(die Fürther nannten ihn liebevoll "Papa Streng") bernahm nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1904 die elterliche Tanzschule.
Zuvor hatte er am Nürnberger Konservatorium eine Ausbildung zum Musiklehrer absolviert. Das Tanzlehrer-Diplom erwarb er an den Hochschulen für Tanzkunst in München und Karlsruhe.
1919 gingen er und seine Frau Franziska ein für die damalige Zeit sehr großes Wagnis ein. Ohne viel Geld, nur auf die eigene Arbeitskraft und Fleiß vertrauend, kauften sie den bei der Fürther Bevölkerung so beliebten Weißengarten.
Im Nachhinein betrachtet war es ein überaus großes Risiko. Gerade hatte man den 1. Weltkrieg überstanden und nach zwei Hungerjahren hatten die Menschen anderes im Kopf als einen Tanzkurs. Man hätte also sehr leicht scheitern können. Die große Infl ation (1922-23) und der "schwarze Freitag" (1929) mit der Depression, die 8 Millionen Arbeitslose zur Folge hatte, kamen ja erst noch!
Bild ca.1920: Ab jetzt saß das Tanzorchester auf der neu umgebauten Bühne. Man beachte das Deckengemälde mit zwei nackten Engeln. Damals die Attraktion: der Kronleuchter wurde nicht mehr mit Gas betrieben sondern war nach dem neuesten Stand der Technik: „elektrifiziert“!
Tanzkursfoto von 1893:
die Damenrevanche war eine eigene Veranstaltung nach dem Assemblée, dem heutigen Schlussball.
Tanzkarte von 1919
Ein Schlussballfoto ca. 1925
Früher war es üblich, bei Bällen sogenannte Tanzkarten auszugeben. Die Herren beeilten sich, bei der Dame ihres Herzens sich für möglichst viele Tänze eintragen zu dürfen. Interessant sind die Tänze, die es damals gab!
Tanzfolge beim Jubiläumsball:
Polonaise | A – dur | Chopin |
Wiener Walzer | An der schönen blauen Donau | Joh.Strauß |
One Step | Dream Kisses | Jerome |
Tango | Ich küsse Ihre Hand Madame | Rotter |
Blues | ||
Française | Flotte Tänzer | Eigenkomposition von Johannes Streng |
Walzer | Hoch lebe der Tanz | Waldteuffel |
Foxtrott | Eis Eis Eis | Johnsen |
Engl. Waltz | Ramona | |
Slow fox | Wenn der weiße Flieder wieder blüht | Doelle |
Lanciers | Terpsychore | Eigenkomposition von Johannes Streng |
Rheinländer | Heben und schweben | Faust |
Charleston | In Sucabaya | Raymond |
Française | Der fi dele Bauer | L. Fall |
Einlagen – Kotillontänze – Überraschungen
Alfred Streng (1914-1943)
Alfred Streng sollte eigentlich nach seinem Vater die Tanzschule übernehmen. Jedoch wurde er sofort nach der Tanzlehrerprüfung zur Wehrmacht eingezogen. Zwar überlebte er die Kämpfe um Stalingrad, kam dann jedoch in russischer Kriegsgefangenschaft um. Hier das einzig existierende Foto von ihm.
So musste sein Vater Johannes Streng mit 64 Jahren die Schule weiterhin führen. Als 1943 der „totale Krieg“ ausgerufen wurde, verbot Adolf Hitler alle Tanzveranstaltungen und den Tanzunterricht. 1945 rückten die Amerikaner in Fürth ein, beschlagnahmten den Weißengarten und benützten den großen Saal für Feste der Mannschaftsdienstgrade. Der kleine Saal diente als Offizierskasino.
Wände, und Tische wurden mit blauer Ölfarbe gestrichen und die Decke mit tarngrünen Fallschirmen abgehängt. Der wertvolle Steinwayflügel, zu dessen Klängen Generationen von Fürthern das Tanzen gelernt hatten, wurde weiß lackiert und darauf getanzt. Die amerikanische Militärregierung gestattete Johannes Streng erst im Herbst 1945, im kleinen Saal wieder Tanzunterricht zu geben. Der große Saal blieb beschlagnahmt und so mussten Schlussbälle in Gasthaussälen stattfinden.
Erst 1949 räumten die Amerikaner den großen Saal. Der prächtige Ballsaal war total verwahrlost, der herrliche Kronleuchter demontiert und die Einrichtung in ganz Fürth und Umgebung verstreut. Klaviere, die man damals für die Musik im Unterricht brauchte, waren ruiniert.
Johannes Streng musste mit nunmehr 70 Jahren von vorn anfangen und es blieben ihm nur noch vier Jahre, um den Weißengarten wenigstens notdürftig zu renovieren. Er starb 1953 und musste praktisch bis zu seinem letzten Tag arbeiten.
Die nun folgenden Jahre kann man eigentlich nur überspringen. Immer weniger Tanzkurse fanden statt und im Hause Streng hielt man sich notdürftig mit öffentlichen Tanzveranstaltungen über Wasser. Geld für Reparaturen war nicht vorhanden und so verfiel der Weißengarten immer mehr.
Ingrid und Manfred Streng
1961: Manfred Streng hat zusammen mit seiner Frau Ingrid, die nach ihrer Ausbildung zur Studienrätin für Chemie und Biologie ebenfalls den Tanzlehrerberuf ergriff, den guten Ruf der Tanzschule in überraschend kurzer Zeit erneuern und dem Weißengarten zu neuer Blüte verhelfen können.
Nach der Tanzlehrer-Prüfung musste Manfred Streng einen völlig maroden Betrieb und ein total verwahrlostes Anwesen übernehmen. Im Weißengarten regnete es durch sämtliche Dächer. Es blieb nichts anderes übrig, als durch „Ärmelhochkrempeln“ in mühevoller Arbeit, die sich über Jahre erstreckte, das Anwesen wieder in Schuss zu bringen.
Bedingt durch das verwahrloste Aussehen der Säle gab man seitens der Stadt Fürth „keinen Pfi fferling“ auf einen erfolgreichen Wiederbeginn. Anstelle von Unterstützung wurden Prügel zwischen die Beine geworfen. So fand z.B. der Eröffnungsball im kalten Saal statt, da die Behörden ausgerechnet tags zuvor die Heizung (die sie eigenartigerweise vorher nie beanstandeten) gesperrt hatten. Dies tat der Stimmung keinen Abbruch – man tanzte sich warm.
Nach und nach konnte man endlich die Säle renovieren und erweitern. Ab 1980 wunderte sich mancher Fürther, als fünf Jahre lang, Tag für Tag, über ein Förderband Aushubmaterial unter dem großen Saal hervorquoll - der große Saal wurde nachträglich im Bergwerksverfahren unterkellert. Über 1.500 m3 Erdreich wurden ausgehoben, und das ging nur von Hand und das meiste davon in Eigenleistung.
1988 Lange Party-Nächte im Weißengarten
1989 Jubiläumsplakat zur 100-Jahr-Feier in der Stadthalle Fürth
Als es bei Tanzschulen noch Sitte war, möglichst aus jedem Tanzschüler einen Turniertänzer zu machen, hatten Ingrid und Manfred Streng sich längst dem geselligen Tanzen „aus Spaß an der Freude“ verschrieben – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Dabei legte man stets ein besonderes Augenmerk auf die Jugend: So wurden viele außergewöhnliche Parties und Bälle veranstaltet. Daneben gab es Ausfl ugsfahrten und Riverboat Shuffles.
Jugendliche konnten an Städtereisen teilnehmen, seither geht es einmal nach Paris, einmal nach London. Und dies zu erschwinglichen Preisen. Sehr oft kommen Anrufe von Eltern, die sich dafür bedanken, dass ihre Kinder im Weißengarten gut aufgehoben sind.
Auch für Erwachsene gab es viele originelle Veranstaltungen, etwa den „Gala-Ball 1900“, zu dem man nur stilecht gekleidet Zutritt hatte, oder den alljährlichen „Schwarz-Weiß-Ball“ mit Showeinlagen der amtierenden Weltmeister.
Zwar gibt es im Weißengarten ausschließlich Hobbytänzer, aber die hauseigenen Lateinformationen konnten bei Vergleichskämpfen bis zum heutigen Tag viele Preise gewinnen.
1990 konnte der älteste Teil des Weißengartens zurückgekauft werden. Das alte Weißengarten-Eckhaus (Nadelöhr) wurde abgebrochen und darauf der Tanzschul-Parkplatz eingerichtet.
Im August 2002 verstarb Ingrid Streng im Alter von nur 61 Jahren.
Manuela Sträßner, die sich neben ihrer Ausbildung zur Diplom-Juristin bereits seit mehreren Jahren in der Tanzschule engagierte, übernahm daraufhin die Geschäftsleitung und begann, die Geschicke der Tanzschule zu lenken.
Im Jahr 2006/2007 wurde der alte "Kleine Saal" der Tanzschule abgerissen. Dort entstand ein moderner Neubau - mit einer Tiefgarage für unsere Kunden und zwei schönen, lichtdurchfluteten Sälen.
Die Tanzschule Streng gehört damit zu den ältesten und größten Tanzschulen in ganz Deutschland.
Und wie früher strahlt der Ballsaal, jetzt mit vielen Lichteffekten, nur der Kronleuchter fehlt noch immer ...
Immer wieder werden wir gefragt, wie viele Schüler im Weißengarten das Tanzen gelernt haben. Zumindest nach Anzahl vermutlich alle Fürther, darunter auch
Bundskanzler Erhard,
U.S.- Außenminister Kissinger,
alle Fürther Oberbürgermeister, u.v.a.m.
Und natürlich strahlt strahlt der wunderschöne, historische Ballsaal noch genauso wie früher - heute mit vielen Lichteffekten! - und beschert Jung und Alt unvergessliche Stunden im Weißengarten!
Wie es weitergeht:
Wir haben noch eine Menge vor! Am besten lassen Sie sich überraschen!